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300 Jahre Freimaurer – im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek

Eine besondere Jubiläumsausstellung

Einen gewissen Hang zu Mystik und Verschwörungstheorien hat wohl jeder von uns – mehr oder weniger. Die Freimaurer gelten seit jeher als geheimnisvoll, hat man doch als Außenstehender keinen oder nur sehr begrenzten Einblick in die verborgene Welt der Bruderschaft. Die Ausstellung „300 Jahre Freimaurer“ im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek bietet bis 7. Jänner 2018 Gelegenheit, ein wenig hinter die Kulissen der Freimaurer zu blicken.

Das wahre Geheimnis

Prunksaal der Nationalbibliothek (c) Österreichische Nationalbibliothek

Dieser Untertitel der Ausstellung stellt in Aussicht, dass viele Mysterien aufgelöst und  Geheimnisse gelüftet werden. Gleich vorweg – diesen Eindruck hatte ich persönlich nicht, vielleicht liegt aufgrund dieses Titels die Erwartungshaltung einfach zu hoch.

De facto präsentiert die Schau die Geschichte der modernen Freimaurerei ab dem Gründungsjahr der „Großloge von England“ im Jahr 1717, die Ausbreitung in Europa und speziell in Österreich, das grundsätzliche Gedankengut der Vereinigung und die Wahrnehmung und Wirkung nach außen während der verschiedenen Epochen bis heute.

Über 150 einzigartige Exponate aus heimischen und internationalen Sammlungen unterstreichen und verdeutlichen den Umfang des geheimnisvollen Bundes. Sehr beeindruckend ist auch die Auflistung prominenter internationaler und österreichischer Mitglieder, wie z. B. Franz Stephan von Lothringen und Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und George Washington, Carl Millöcker und Winston Churchill, Fritz Grünbaum und Marc Chagall, Josephine Baker und Charles Lindbergh, Fritz Muliar und viele mehr, von den Anfängen der österreichischen Freimaurerei bis in die Gegenwart.

Ein Streifzug

Auf mehreren Stationen wird die Freimaurerei präsentiert und erklärt, angefangen von den Tugenden wie Verlässlichkeit, Wohltätigkeit und Fairness über die Leitsätze der Aufklärung „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ bis hin zu den ethischen Werten. Die Entstehung in England wird näher beleuchtet, ebenso die Ausbreitung in ganz Europa und in Österreich.

In den 1780er-Jahren kam es zur ersten Blütezeit in Österreich mit Mitgliedern aus Kunst, Kultur, Wissenschaft und Forschung. So wurde Mozart 1784 in die Bruderschaft aufgenommen – Haydn folgte dem begeisterten Mozart nach. Das Stück „Die Zauberflöte“ spiegelt in mehreren Szenen den Geist der Freimaurerei wider.

Tempel mit einem Medaillon des Kaisers Franz Stephan von Lothringen, Kupferstich von Jac. Mercorus, um 1780 © Österreichische Nationalbibliothek

Eine weitere Station widmet sich der Tätigkeit der Logen im Verborgenen nach dem Ausbruch der Französischen Revolution 1789 und dem Verbot der Freimaurerei 1795. Selbstverständlich werden auch die Symbole, Rituale und Aufnahmeriten gezeigt und erklärt, ein weiterer Punkt befasst sich mit den verschiedenen Rängen der Logenbrüder und deren Verhältnis zu Frauen – hier stehen sich Tradition und Gleichberechtigung in starkem Widerspruch gegenüber.

Die Entstehung der Grenzlogen um 1848  und die Friedenskämpfer vor und während des Ersten Weltkrieges werden ebenso thematisiert wie die große Zeit des Aufbruchs zwischen den beiden Weltkriegen. Zahlreiche Repräsentanten des „Roten Wien“ waren zu jener Zeit Mitglieder der Bruderschaft und trugen deren Gedankengut in die Gesellschaft. Die darauf folgende Zeit des Nationalsozialismus war für die Freimaurer geprägt von Hass, Verbot und Verfolgung, speziell jüdische Mitglieder und Regimegegner waren betroffen.

In der Nachkriegszeit erlebte die Freimaurerei eine weitere Blütezeit – sozusagen als Gegenpol zu der noch immer vom Krieg geprägten Einstellung der Gesellschaft, dem Kalten Krieg und dem strengen Katholizismus jener Zeit. Speziell Künstler, Schriftsteller, Journalisten und Schauspieler wurden in die Bruderschaft aufgenommen, wo sie abseits von Parteiideologien einander begegnen und sich weiterentwickeln konnten.

Den Abschluss bilden das besondere Verhältnis der Freimaurer zum Begriff der Zeit und die Erinnerungskultur der Bruderschaft.

Mein Fazit: Eine tolle, informative Ausstellung, mit wunderschönen Schaustücken und beeindruckenden Informationen, die den Besuch auf jeden Fall wert ist (der Prunksaal trägt seinen Teil dazu bei). Das „wahre Geheimnis“ wird nicht aufgedeckt– was vielleicht ganz gut so ist. So bleibt der Reiz des Verborgenen und Unbekannten erhalten und damit auch das besondere Interesse an den Freimaurern. Vielleicht existiert das „Geheimnis“ aufgrund der Symbole und Rituale, die über 300 Jahre mystifiziert wurden, ja auch nur in unserer Vorstellung und Fantasie …

 

Informationen:

Ausstellungsplakat © Österreichische Nationalbibliothek

300 Jahre Freimaurer
Das wahre Geheimnis
von 23. Juni 2017 – 7. Jänner 2018
im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek
1010 Wien, Josefsplatz 1
Homepage

Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag 10.00 – 18.00 Uhr, donnerstags bis 21.00 Uhr
Im August und September 2017 täglich geöffnet.

Eintrittspreis:
€ 7,00 pro Erwachsenen
Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren – Eintritt frei.

 

 

Führungen in Deutsch – jeden Donnerstag um 18.00 Uhr: Aufpreis € 4,00 pro Person
Kinderführungen zu speziellen Terminen – siehe Homepage.

Zur Ausstellung ist ein schönes Begleitbuch erschienen, das Sie um € 29,90 an der Prunksaalkassa kaufen können.

 

Daten- und Bildquellen: © Österreichische Nationalbibliothek.
Mit bestem Dank für die freundliche Unterstützung.

 

 



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